Maximilian Haedicke wird Richter am Einheitlichen Patentgericht
Maximilian Haedicke wurde zum Richter am Einheitlichen Patentgericht der Europäischen Union (EPG) ernannt, das am 1. Juni 2023 seine Arbeit aufnehmen wird. Der Freiburger Professor freut sich auf seine neue Aufgabe: „Es ist mir eine Ehre, neben meinen Aufgaben in Lehre und Forschung an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an solch einem Pionierprojekt mitzuwirken“.
Das Einheitliche Patentgericht (EPG) soll einen einheitlichen, fachkompetenten und wirksamen Patentschutz in Europa ermöglichen. Es ist ein gemeinsames Gericht der 17 EU-Staaten (Deutschland, Frankreich, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien) sein, für die das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) in Kraft treten wird. Dies bedeutet eine Jurisdiktion über mehr als 270 Millionen Europäer. Weitere sieben Mitgliedstaaten können das EPGÜ ratifizieren, die es bereits unterzeichnet haben. Alle übrigen EU-Mitgliedstaaten können dem Übereinkommen jederzeit beitreten.
Die Notwendigkeit eines Einheitlichen Patentgerichts wird damit begründet, dass die Durchsetzung eines europäischen Patents in mehreren Ländern oder dessen Widerruf durch einen Dritten problematisch sein kann. Parallele Rechtsstreitigkeiten in mehreren Ländern sind teuer, es besteht die Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen und mangelnder Rechtssicherheit. Da Beteiligte versuchen, die Unterschiede zwischen nationalen Gerichten und deren Verfahren auszunutzen, ist „Forum-Shopping“ oft unvermeidlich.
Das EPG wird die ausschließliche Zuständigkeit für die ebenfalls neu geschaffenen, nach der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 und der Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 über den einheitlichen Patentschutz eingetragenen europäische Patente mit einheitlicher Wirkung (Einheitspatente) sowie für „klassische“ europäische Patente haben. Hinsichtlich der ausschließlichen Zuständigkeit für „klassische“ europäische Patente gelten jedoch für einen Übergangszeitraum von sieben Jahren Ausnahmeregelungen. In diesem Zeitraum können „klassische“ europäische Patente betreffende Klagen weiterhin bei nationalen Gerichten oder anderen zuständigen nationalen Behörden erhoben werden. Nach der Einschätzung von Haedicke wird der Trend voraussichtlich in Richtung der Einheitspatente gehen. Er betont jedoch, da auch dies noch Zukunftsmusik sei, da das Gericht mit seiner Arbeit komplettes Neuland betrete und auch das neu eingeführte Einheitspatent sich zunächst beweisen müsse. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass das EPG das erste europäische Gericht sein wird, an dem Privatpersonen klageberechtigt sind.
Aufgeteilt ist das EPG in ein Gericht erster Instanz und ein Berufungsgericht. Das Gericht erster Instanz wird dezentral aufgebaut sein und Lokal- oder Regionalkammern in den Mitgliedsstaaten umfassen – in Deutschland sind dies die Standorte Düsseldorf, Hamburg, Mannheim und München. Das Berufungsgericht wird seinen Sitz in Luxemburg haben und über Berufungen gegen Entscheidungen des Gerichts in erster Instanz entscheiden.
Professor Haedicke wird in Paris in einer für bestimmte Fälle, insbesondere für Nichtigerklärungen, zuständigen Zentralkammer mitwirken. Bei Besetzung der Gerichte legte die Auswahlkommission Wert darauf, sowohl die einzelnen Mitgliedstaaten bei der Richterbesetzung abzubilden, als auch ein Ballungszentrum der fachlichen Kompetenz zu schaffen. Haedicke ist der einzige hauptamtliche Professor, der zum Richter am EPG ernannt worden ist.
Nicht nur auf juristischer Ebene kann das Gericht in Zukunft eine Vorbildfunktion erfüllen: Im Rahmen der Vorbereitungen haben sich die Mitgliedstaaten auf eine 382 Artikel umfassende Zivilprozessordnung für das neue Verfahren geeinigt, in dem modernste Technik zum Einsatz kommen soll – so werden die Akten des Gerichts vollelektronisch in einem Case Management System geführt. Auch die Entscheidungen des Gerichts werden in elektronischer Form ergehen. Für Professor Haedicke wird es damit wesentlich leichter, seine beiden beruflichen Aufgaben in Freiburg und in Paris miteinander zu vereinbaren. Praxis und Lehre werden sich dabei seiner Ansicht nach wechselseitig bereichern. Seine Vorlesungen könne er nun mit spannenden Erfahrungen aus der Richtertätigkeit anreichern, am Gericht profitiere er von seinem theoretischen Wissen, so Haedicke.
Professor Haedicke studierte in München, Genf und Washington D.C. Anschließend arbeitete er unter anderem am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in München. Seit 2003 ist er Professor für das Recht des Geistigen Eigentums an der Universität Freiburg. Von 2011 bis 2017 war er Richter des auf das Patentrecht spezialisierten zweiten Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf.
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät wünscht Herrn Professor Haedicke einen erfolgreichen Start in ein neues Kapitel der Europäischen Rechtsgeschichte.