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Zum Gastvortrag von Prof. Ulrich Manthe über das Recht der Volksrepublik China zwischen 1949 - 1979

Vortrag von Prof. Ulrich Manthe

Über das Recht der Volksrepublik China zwischen 1949 und 1979 hat am vergangenen Freitag, den 30. Juni 2023 der Rechtswissenschaftler Professor Dr. Ulrich Manthe, emeritierter Professor für Bürgerliches und Römisches Recht an der Universität Passau, gesprochen, nachdem der Vortrag pandemiebedingt aufgeschoben worden war. Umso mehr freuten sich die Anwesenden, in Manthe einem hochgeschätzten Experten für das Recht Chinas, der chinesischen Sprache und Kultur zuhören zu dürfen. Dessen Verknüpfung von Politik, Recht und Sprache, angereichert durch persönliche Erlebnisse Manthes aus seinem Chinaaufenthalt zu Zeiten der Kulturrevolution, machten den Vortrag für die Zuhörenden zu einer überaus bereichernden Veranstaltung.

Manthe kommt im Hinblick auf den Zeitraum zwischen 1949, beginnend mit der Ausrufung der Republik Chinas bis zum Ende der Kulturrevolution zu dem Schluss, dass es sich in Teilen um eine in großem Maße gesetzlose Zeitspanne handele. Das, so stellte er fest, beginne bereits mit der Gründung der Republik China, welche sich als Staat ohne jedes Gesetz darstellte, denn die Einführung eines Privatrechts durch die Rezeption eines europäischen Vorbildes sei zunächst gescheitert. Das habe mitunter daran gelegen, dass die Bevölkerung es vermied, vor Gericht zu ziehen, es fehlte zudem an einem einheitlich ausgebildeten Juristenstand und auch an entsprechender Literatur. Zwischen der Ausrufung und 1963 wurden sodann zwar wenige Gesetze, aber eine Vielzahl von Rechtsverordnungen erlassen. Die aufkommenden Fortschritte zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit fanden mit dem Kampf gegen die Konterrevolution ihr Ende. Ab 1967 beginne eine bis 1979 andauernde gesetzlose Zeit, so Manthe. Es erschienen beispielsweise keine Gesetzblätter, keine Gesetzessammlung. Zwar habe es Gesetze gegeben, diese waren aber für die Bevölkerung nicht oder nur schwer zugänglich. Wäh­rend der Kulturrevolution bildeten vielmehr die Schriften der fünf Klassiker – Marx, Engels, Lenin, Stalin, Mao – die wichtigsten Rechts­quellen. Anstelle gesetzlicher Regeln habe es auch viele Einzelweisungen Maos gegeben. Manthe sprach ausführlich über die Auswüchse der Kulturrevolution, die evolvierenden Machtkämpfe und deren Auswirkungen, bevor er auf deren Ende einging. Mit dem Beschluss von 1979, dass alle seit 1949 er­lassenen Ge­setze, Verord­nungen und Durchführungs­bestim­mungen nach den Jahren der Kulturrevolu­tion wieder gelten soll­ten, beendete Manthe seine Ausführungen zu dieser weniger beleuchteten Phase chinesischer Rechtsgeschichte.

Im Anschluss an den mit persönlichen Einblicken gespickten Vortrag fand die hochkarätig besetzte Diskussionsrunde statt, an der sich auch zwei emeritierte Professoren der Universität Freiburg, Professor Dr. Uwe Blaurock und Professor Dr. Dr. Dres. h.c. Rolf Stürner, beteiligten. Eingeladen waren daneben zwei chinesische Professoren, Professorin Dr. CHI Ying von der China University for Political Science and Law (CUPL) und Professor Dr. h.c. MI Jian von der Peking Normal University.

Dem Vortrag mit Diskussionsrunde wohnten etwa 25 Personen im Peterhof bei, bestehend aus in- und ausländischen Studierenden, Wissenschaftlichen Mitarbeitern sowie Professoren. Gleichzeitig erfreute sich die hybride Veranstaltungsform großer Beliebtheit, sodass sich virtuell etwa 60 Personen zuschalteten. Manthe, einst selbst Student, Doktorand und Habilitand der Universität Freiburg, war auf Einladung von Frau Professorin Dr. Yuanshi Bu, LL.M. (Harvard), Inhaberin des Lehrstuhls für internationales Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt Ostasien und Vorstand der Deutsch-Chinesischen Juristenvereinigung, an seine Alma Mater zurückgekehrt. Im Anschluss an die vorgestellte Phase bis 1979 sprach Manthe von einem Wendepunkt und Neubeginn. Die darauffolgende enorme Rechtsentwicklung in der Volksrepublik, die im Inkrafttreten des chinesischen Zivilgesetzbuches zum 01. Januar 2021 mündete, sei eher Grund für Lobeshymnen. Was nun geschehen werde? Das könne er nicht sagen. Die Entwicklung Chinas stelle sich zwar innenlebend als geradlinig dar, für den ausländischen Betrachter jedoch als sprunghaft, weil dieser manchmal blind auf einem Auge sei. Zu der Weiterentwicklung Chinas und des chinesischen Rechts seien deshalb keine Voraussagungen möglich.

Prof. Manthe

Prof. Blaurock

Prof. Chi

Prof. Stürner

Prof. Mi

Zuhörer