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Abschlussbericht: Praktikum in Shanghai von Patrick Alois Hübner

DAAD – Abschlussbericht

über zwei Praktika in Anwaltssozietäten
vom 22.02. – 18.04.2010 und 26.07 – 17.10.2010
in Shanghai, VR China

eingereicht von: Patrick Alois Hübner

Arbeitsschwerpunkte: Chinesisches Gesellschafts-, Vertrags- und Investitionsrecht, Schiedsrecht


1. Vorbereitung des Praktikumsaufenthalts
In Vorbereitung auf das Praktikum ist zu beachten, dass bei der Chinesischen Botschaft ein Geschäftsvisum (F) beantragt werden muss und es für die Beantragung eines offiziellen, mit Stempel versehenen Einladungsschreibens bedarf, das mir im Vorfeld vom Praktikumsgeber im Original zugeschickt worden ist. Ferner hatte ich mir noch beim Tropeninstitut Berlin die für die Region Shanghai vorgesehenen Impfungen geben lassen, wozu Typhus, Hepatitis A + B und Tetanus zählen. Angereist bin ich jeweils eine Woche vor Praktikumsbeginn. Aufgrund des doch beträchtlichen Zeitunterschieds und der Größe der Stadt hat es insbesondere beim ersten Mal einige Zeit zur Umstellung benötigt. Die ersten Tage habe ich dazu genutzt meine im Studium erworbenen Sprachkenntnisse erstmals in einer natürlichen Umgebung anzu-wenden und mich in der Stadt zurechtzufinden. Innerhalb der ersten 24 Stunden nach Ankunft muss man sich bei der örtlichen Polizeidienststelle registrieren lassen. Die Unterbringung in Shanghai hatte ich mir vor dem ersten Praktikum über eine Agentur besorgt, die mich an eine chinesische Gastfamilie vermittelte. Als Schwierigkeit erwies sich hierbei, dass in der Gast-familie nur der Shanghaier Dialekt gesprochen wurde, das ab und zu mal zu Verständnis-schwierigkeiten führte. Mit der Zeit war weniger die sprachliche Barriere ein Problem, als die weite Entfernung zum Arbeitsplatz, die mich unter der Woche rund zwei Stunden in völlig überfüllten öffentlichen Verkehrsmittelen verbringen lies. Bei meinem zweiten Aufenthalt in Shanghai hatte ich dann über einen ehemaligen Kollegen bereits eine Wohnung in sehr guter Lage und nicht weit entfernt von der Sozietät gefunden.


2. Praktikum vom 22.02. – 18.04.2010
Im Rahmen des ersten Praktikums war ich über einen Zeitraum von zwei Monaten bei einer internationalen, full-service Kanzlei auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts tätig. Die Nieder-lassung in Shanghai zählte zu den mitunter größten internationalen Anwaltsbüros vor Ort. Während des Praktikums wurde ich einem deutschen Anwalt zugeordnet und fachlich von ihm betreut. An meinem ersten Arbeitstag hat er mich allen Kollegen und Kolleginnen vor-gestellt und bei einem gemeinsamen Essen die fachlichen Einsatzgebiete mit mir besprochen. Im Verlauf des Praktikums arbeitete ich aktiv an laufenden Mandaten mit, die vorwiegend aus den Bereichen des chinesischen Gesellschafts-, Vertrags- und Arbeitsrechts sowie dem E-Commerce stammten. Im Wesentlichen verfasste ich mehrere Rechtsgutachten zu patent-rechtlichen Fragestellungen, erstellte diverse Präsentationen für Vorträge bei Mandanten und Handelskammern, arbeitete an einem Artikel zum E-Commerce mit und ging teilweise sogar Fragen zum Kollektivarbeitsrecht und der Kostenoptimierung auf dem Bereich des Personal-managements nach. In der Regel hatte ich aufgrund einer hohen Eigenverantwortung strikte Zeitvorgaben, die es einzuhalten galt, und nicht nur sehr fachbezogene, sondern auch nach Absprache themenübergreifende Tätigkeiten. Begleitet wurde die alltägliche Arbeit von Über-setzungen von Verträgen aus dem Deutschen ins Englische und Recherchen in chinesischer oder englischer Sprache zu einer Vielfalt von Rechtsfragen. Am Interessantesten fand ich die direkte Arbeit mit den Mandanten, wozu ich einerseits Anwälte zu Klienten begleitete und andererseits an Veranstaltungen im Geschäftsverkehr repräsentativ teilnahm. Das Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen war sehr gut, so dass man oft gemeinsam die Mittagspausen in umliegenden Restaurants verbrachte. Während des Praktikums war ebenfalls ein deutscher Rechtsreferendar vor Ort tätig, mit dem einen überwiegenden Teil meiner Freizeit gestaltet habe. An den Wochenenden war noch genügend Zeit übrig, um nicht nur die Stadt Shanghai, sondern auch nahegelegene Orte wie Suzhou, Hangzhou und Nanjing zu erkunden. Durch die unzähligen Praktikantenstammtische ließ sich sehr schnell Anschluss an andere Praktikanten in Shanghai finden, die einem oft mit Rat und Tat bei allen möglichen Fragen und Problemen vor Ort beiseite stehen.

3. Praktikum vom 26.07 – 17.10.2012
Im Rahmen des zweiten Praktikums war ich wieder bei einer internationalen Anwaltssozietät in Shanghai tätig, dieses Mal über einen Zeitraum von drei Monaten. Die Zusage für das zweite Praktikum hatte noch während des letzten Aufenthalts in Shanghai nach vorheriger Bewerbung und einem längeren Gespräch noch direkt von einem der Partner bekommen. Da es sich bereits um den zweiten Aufenthalt in Shanghai handelte waren die anfänglichen Probleme und Eingewöhnungsschwierigkeiten auf die man in einer fremden Kultur trifft wesentlich geringer. Zudem hatte sich durch das erste Praktikum ein kleiner Freundeskreis gebildet, der auch noch zum Zeitpunkt meiner Rückkehr fortbestand. Während des zweiten Praktikums war ich dieses Mal direkt den beiden Partnern vor Ort am Standort Shanghai unterstellt und arbeitete überwiegend auf dem Gebiet des Investitionsrechts mit. Aufgrund besserer Kenntnisse zum chinesischen Recht, die ich mir während des vorherigen Praktikums angeeignet hatte, wurden die übertragenen Aufgaben schnell anspruchsvoller und die Arbeit interessanter. Obwohl auch hier ein Großteil der alltäglichen Aufgaben im Verfassen von Rechtsgutachten, Vertragsprüfungen und allgemeiner Recherche-, Übersetzungs-, und Protokolltätigkeiten bestand, wurden die Themenbereiche im Laufe der Zeit doch wesentlich spezifischer. Die Höhepunkte waren sicherlich die Mitarbeit an einer Due Diligence und dem selbständigen Abhalten einer eigenen Präsentation zum chinesischen Schiedsrecht auf einem der hauseigenen Seminare. Auf der Arbeit wurde überwiegend Englisch und Chinesisch gesprochen. Das Verhältnis zu den Vorgesetzten und Kollegen war sehr gut und die Arbeit im Team hat mir persönlich sehr viel Freude bereitet.


4. Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die beiden Praktika gut organisiert und strukturiert waren. Ich konnte neue Kenntnisse im praktischen sowie rechtlichen Umfeld erwerben und viele neue Erfahrungen machen. Auf Arbeit gab es einen Zugang zu allen wesentlichen Datenbanken für das chinesische Recht, die ich auch in Hinblick auf mein Studium nach der Arbeitszeit nutzen durfte. Die Praktika haben durchaus einen guten Einblick in die Tätigkeit und alltägliche Praxis eines Anwalts in China gegeben, die sich von der eines Anwalts in Deutschland bisweilen doch deutlich unterscheidet. Während der Zeit in Shanghai konnte ich meine chinesischen Sprachkenntnisse nachhaltig ausbauen, neue Kontakte sowie Freunde gewinnen und etliche kulturelle Eindrücke sammeln. Der Vorteil des zweiten Praktikums lag in der deutlich längeren Praktikumsdauer, die meiner Ansicht mit drei Monaten genau richtig bemessen war.