Sie sind hier: Startseite Japan und Korea Japan Interview mit Herrn Prof. Dr. …

Interview mit Herrn Prof. Dr. Deguchi

Herr Prof. Deguchi ist Inhaber des Lehrstuhls für Zivilprozessrecht an der Ritsumeikan University in Kyoto.
DeguchiInterview mit Herrn Prof. Dr. Masahisa Deguchi
 
Herr Prof. Deguchi ist Inhaber des Lehrstuhls für Zivilprozessrecht an der Ritsumeikan University in Kyoto. Er verbrachte erstmals 1983-1985 einen Studienaufenthalt in Freiburg. Im Anschluss daran kehrte er nach Japan zurück, um einen Magisterkurs an der Keio Universität zu besuchen. 1991 promovierte Herr Deguchi in Freiburg bei Herrn Prof. Arens und Herrn Prof. Leipold zu einstweiligem Rechtsschutz. Dies wurde durch ein DAAD-Stipendium ermöglicht. Im Jahr 1994 kehrte er mit Unterstützung der AvH-Stiftung nach Freiburg zu einem Forschungsaufenthalt zurück. Im Sommersemester 2007 verbrachte er, wiederum durch die AvH-Stiftung gefördert, noch einmal ein Forschungssemester in Freiburg; diesmal in Begleitung seiner Familie.
Herr Prof. Deguchi setzt sich für die deutsch-japanischen Beziehungen im Allgemeinen und im Bereich der Rechtswissenschaft im Besonderen ein. Für sein Engagement auf diesem Gebiet wurde er durch den Ja-De-Preis in Köln geehrt. Im letzten Jahr wurde Herr Prof. Deguchi mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
 
Wie kam Ihr Kontakt zu Freiburg zu Stande?
Ich habe schon einen lange währenden Bezug zu Freiburg. Nach meinem Studium der Rechtswissenschaft in Japan dachte ich über einen Auslandsaufenthalt nach. Deutschland schien mir als das Land, das mit seinem Rechtssystem Vorbild für das chinesische stand, am geeignetsten. Die Wahl fiel schließlich auf die Stadt Freiburg, nicht nur Universitätsstadt mit einer herausragenden rechtswissenschaftlichen Fakultät, sondern auch in der Mitte Europas gelegen als idealer Ausgangspunkt für weitere Erkundungen in das restliche West-Europa.
 
Wie gestaltete sich dann ihr erster Aufenthalt in Freiburg?
Das Jahr 1983 verbrachte ich zunächst mit dem Erlernen der deutschen Sprache am Goethe-Institut. 1984 nahm ich dann an der traditionellen Wanderung der Juristischen Fakultät auf den Schauinsland teil. Bei dieser Gelegenheit lernte ich Herrn Prof. Arens und Herrn Prof. Leipold kennen. Aus dieser ersten Kontaktaufnahme entwickelte sich ein langjähriger wissenschaftlicher Kontakt und auch eine Freundschaft speziell zu diesen zwei Professoren, aber auch zu der ganzen rechtswissenschaftlichen Fakultät in Freiburg.
 
Wie gestaltete sich dieser Kontakt aus?
Momentan verbringe ich seit 1983 den vierten längeren Forschungsaufenthalt in Freiburg. Außerdem komme ich seit vier Jahren regelmäßig mit einer Gruppe von rund 20 japanischen Studierenden nach Deutschland. Dabei machen wir auch immer Station in Freiburg. Auf der anderen Seite besuchten auch schon eine Vielzahl der in Freiburg ansässigen Professoren Kyoto, um dort Vorträge zu halten.
 
Was für eine Rolle spielt das deutsche Recht für Japan?
Das deutsche Recht spielt für Japan eine bedeutende Rolle. Als man Ende des 19. Jahrhunderts ein passendes Rechtssystem als Vorbild für das japanische suchte, fiel die Wahl auf das deutsche: Ein modernes kodifiziertes Rechtssystem in einem traditionellen Kaiserreich. Zwar wurde freilich nicht alles eins zu eins übernommen – auch Elemente aus dem französischen Recht, vor allem im Bereich des Sachen- und Schuldrechts, fanden Eingang in das japanische Rechtssystem – doch bildet das deutsche Recht die Grundlage für das japanische.
 
In welcher Hinsicht findet das deutsche Recht auch heute noch Beachtung in Japan?
Zum einen ist das deutsche Recht immer noch Grundlage des japanischen Rechtssystems. Aber auch die Entwicklungen im deutschen Recht werden in Japan beobachtet, diskutiert und teilweise – mit Anpassung an die spezifischen Gegebenheiten vor Ort – rezipiert.
 
Was für eine Rolle spielt Deutschland für japanische Studierende der Rechtswissenschaft?
Zu meiner Zeit verbrachten viele Studierende der Rechtswissenschaft aus Japan einen Aufenthalt in Deutschland. Dies ist aus den oben genannten Gründen ersichtlich. Heute ist die Zahl der japanischen Austauschstudenten jedoch leider nur noch sehr klein.
 
Woran liegt das?
Das Studium der Rechtswissenschaft in Japan ist sehr kostspielig. In den neuen Law Schools betragen die Gebühren pro Jahr etwa 10.000 Euro. Nach Beendigung des Studiums haben daher nur sehr wenige Studierende die Möglichkeit noch einen Auslandsaufenthalt zu finanzieren und steigen gleich in den Beruf ein. Die wenigen Studierenden, die sich im Ausland weiterbilden, wählen eine Universität im englischsprachigen Ausland, vor allem in den USA. Das resultiert daraus, dass die USA der wichtigste Handelspartner Japans ist – und Wirtschaft ist das lukrativste Aufgabengebiet. Sie müssen wissen, dass die Tätigkeit als Anwalt vor Gericht oder gar als Richter oder Staatsanwalt für den Japaner nicht sehr interessant ist. Zum einen sind die finanziellen Erträge zwar ausreichend, doch kann man nicht zu so großem Wohlstand kommen wie in der Wirtschaft. Aber auch die steife Tätigkeit vor Gericht entspricht weniger dem Wesen der Japaner. Sie wollen aktiv tätig sein, Handel treiben, etwas bewegen. Daher streben die meisten eine Tätigkeit im Wirtschaftsbereich an. Und in diesem Bereich sind natürlich die USA und der gesamte englischsprachige Raum von großer Bedeutung.
 
Was halten Sie von dieser Entwicklung?
Ich versuche den Studierenden Deutschland näher zu bringen. Ich denke, die meisten brauchen nur einen kleinen Anstoß. So organisiere ich seit vier Jahren Aufenthalte in Deutschland für jeweils rund 20 Studierende. Meine Hoffnung ist dabei natürlich, dass einige der Teilnehmer nach Deutschland zurückkehren. Im Herbst wird zum Beispiel eine Studentin aus Kyoto einen einjährigen Studienaufenthalt in Freiburg beginnen.
 
Vielen Dank, lieber Herr Deguchi, dass Sie sich die Zeit für die Beantwortung unserer Fragen genommen haben. Ihre Ausführungen waren sehr interessant. Wir fühlen uns durch Ihr Engagement für Deutschland und speziell für Freiburg sehr geehrt und hoffen, dass der Kontakt zwischen Ihnen und der Juristischen Fakultät, gerade da nun die Professur von Frau Prof. Bu mit ostasiatischem Schwerpunkt geschaffen wurde, nicht abreißt, sich im Gegenteil noch verfestigt. Wir würden uns sehr freuen, Sie bald wieder in Freiburg begrüßen zu dürfen.