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Bericht Vanessa van Weelden 08/09

Studium an der CUPL 2008-2009
1.      Einleitung
Ich habe mit Unterstützung des DAAD-Jahresstipendienprogramms für Studierende aller Fächer im Studienjahr 2008/09 an der China Universität für Politik und Rechtswissenschaft (中国政法大学 Zhongguo Zhengfa Daxue) in Beijing Chinesisch und Chinesisches Recht studiert. Als eine der ersten und wenigen ausländischen Studierenden an dieser Universität in einem Teil Beijings, in welchem auch sonst nicht viele Ausländer anzutreffen sind, sind meine Erfahrungen sicherlich nicht für einen Auslandsaufenthalt in China, insbesondere in Beijing, zu verallgemeinern. Allerdings hoffe ich, dass sie vor allem für nachfolgende Stipendiaten an kleineren, spezielleren Universitäten einige Anhaltspunkte bieten.
  1. Studium
Da grundsätzlich nicht viele Ausländer an der China Universität für Politik und Rechtswissenschaft studieren, ist das Angebot begrenzt und auch die Organisation der Programme noch nicht ganz reibungslos. Allerdings profitiert man auch von dieser Situation.
Im Bereich der Sprachkurse gibt es nur zwei Klassen, eine Beginner-Klasse und einen Kurs im Bereich der Mittel- bis Oberstufe. In beiden Klassen gibt es Unterricht in Grammatik, Schriftzeichen und Mündlichem Ausdruck, in der Beginner-Stufe zusätzlich im Hörverstehen, in der Mittel-/Oberstufe gibt es zusätzliche Stunden für Kultur und Rechtschinesisch. Jede Klasse hat 18 Stunden Unterricht pro Woche, verteilt auf Vor- und Nachmittage. Meist ist ein Tag in der Woche frei. Die Klassen sind sehr klein (3-8 Studenten), die Lehrer sehr motiviert und hilfsbereit, meistens jedoch nicht besonders streng. Man muss eine gewisse Selbstdisziplin mitbringen. Es ist unproblematisch möglich, die Klasse zu wechseln, wenn man sich in der Stufe vertan hat. Da der Campus nur der Teil der Uni für die Masterstudenten und Doktoranden ist, können unter den Kommilitonen auch berufstätige Juristen sein. In der Mitte und am Ende jeden Semesters wird von den Lehrern eine mehr oder weniger lockere Prüfung durchgeführt. Am Ende bekommt man ein Teilnahme-Zertifikat mit einem Hinweis auf die allgemeine Leistungseinstufung.
Da die Universität eine Fachuniversität für Politik und vor allem Rechtswissenschaft ist (eine der besten und bekanntesten Universitäten für Rechtswissenschaft in China), gibt es außer den Sprachkursen nur die Möglichkeit, Fachvorlesungen aus diesen Gebieten zu besuchen. Besonders zu erwähnen ist das spezielle Master-/Ph.D.-Programm der Universität für Ausländer. Dies besteht aus Wochenendkursen an den Samstagen und Sonntagvormittagen zu verschiedenen Bereichen des chinesischen Rechts. Unterrichtet wird von chinesischen Dozenten in (mehr oder weniger gutem) Englisch. Auch hier ist die Klasse klein (maximal 20 Studenten) und die Professoren sind meist an einem intensiven Austausch mit den Studenten interessiert. Am Ende jedes Rechtsgebietes gibt es eine Klausur oder ein Paper. Von der Fakultät für Internationales Recht bekommt man hinterher ein Transcript mit einer Auflistung der besuchten Veranstaltungen und der bei den Prüfungen erreichten Noten.
Außerdem gibt es an der Universität das vom DAAD geförderte Chinesisch-Deutsche Institut für Rechtswissenschaft, an dem chinesische Studierende Deutsch und Deutsches Recht studieren. An den Kursen zum deutschen Recht des DAAD-Lektors kann man unproblematisch teilnehmen.
Ein Problem ist sicherlich, dass diese Veranstaltungen alle verschiedenen Fakultäten und Instituten der Universität zugeordnet sind und man je nach Austauschprogramm nicht immer kostenlos an allen Veranstaltungen teilnehmen kann. Dies sollte man vor einem Aufenthalt an der Uni versuchen abzuklären.
Das Wintersemester beginnt in der Regel Anfang September und dauert bis Januar. Die Vorlesungen im Sommersemester finden von März bis Anfang Juli statt. Die Semesterzeiten können sich je nach Lage des chinesischen Neujahrsfestes im Januar/Februar ändern. Auch sonst kann es an der Uni immer kurzfristig zu Veränderungen kommen
  1. Rahmenprogramm der Universität
Der Campus der Universität ist klein, es gibt viele alte Bäume und man fühlt sich schnell heimisch. Allerdings gibt es im Unterschied zu den meisten chinesischen Universitäten keinen eigenen Sportplatz. Es sind lediglich ein Badminton-Feld, einige Tischtennisplatten und ein Basketball-Platz vorhanden. Allerdings gibt es direkt an der Uni einen kleinen Park, der sich zum Laufen eignet und an den anderen nahe gelegenen Universitäten kann man Sportplatz und Schwimmbad mitnutzen. Auch ansonsten gibt es insbesondere für Austauschstudenten keine besonderen Kultur- oder Sport-Kurse.
Dafür veranstaltet die Fakultät für internationale Studenten einmal pro Semester einen Tagesausflug zu Sehenswürdigkeiten in und um Beijing und eine Semesterreise von 3-6 Tagen. Hier wird alles von Zugtickets und Touristenführer bis zu Unterkunft in erstklassigen Hotels und reichhaltiger Verpflegung organisiert. Je nach Austauschprogramm kann die Teilnahme sogar komplett kostenlos sein und besonders die Reisen waren wirklich tolle Erlebnisse.
  1. Leben in China
In China, besonders in den großen internationalen Städten kann man fast jeden Lebensstandard zwischen dem eines normalen chinesischen Studenten und einem wie im Heimatland wählen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Lebenshaltungskosten.
In meinem ersten Semester in China habe ich außerhalb des Campus ein eigenes Appartement für 2500 RMB pro Monat angemietet (mittlere Preislage für ein Zimmer in Beijing; Tipp für die Wohnungssuche: englischsprachige Homepage www.thebeijinger.com). Auch sonst habe ich eher wie ein europäischer Student gelebt, d.h. öfter essen gehen und am Wochenende ausgehen in Sanlitun, dem Botschafts- und Ausgehviertel in Beijing. Bei einer solchen Lebensweise muss man mit einem ähnlichen Bedarf wie in Deutschland rechnen, vor allem wenn man noch die unendlichen Shoppingmöglichkeiten in China und die ein oder andere Reise einplant.
Seit das neue Wohnheimsgebäude der China Universität für Politik und Rechtswissenschaft im Sommer 2009 fertig gestellt worden ist, können ausländische Studierende bestimmter Austauschprogramme auch auf dem Campus wohnen. Diese Möglichkeit habe ich für das zweite Semester in Anspruch genommen und kann das nur weiterempfehlen. Die Unterkunft ist in einem Gebäude mit chinesischen Studierenden, was gute Chancen bietet, Kontakte zu diesen zu knüpfen und das Studentenleben in China besonders realistisch kennenzulernen. Allerdings heißt dies auch, dass dieselben Regeln wie für die chinesischen Studierenden gelten, d.h. duschen in der Gemeinschaftsdusche nur abends zu bestimmten Zeiten, Schließung des Gebäudes von 23 Uhr abends bis 6 Uhr morgens usw. Man wohnt in einem großen, modernen 4-Bett-Zimmer mit Hochbetten, Schreibtischen und Spinten. Als Ausländer hat man aber gute Chancen, dass nicht alle anderen drei Betten belegt sind, da sich die meisten ausländischen Studierenden wohl doch entscheiden werden, ein Zimmer außerhalb des Campus anzumieten. Die Miete ist mit rund 1000 RMB pro Studienjahr sehr günstig. Wenn man auf dem Campus wohnt, kann man eigentlich alle Mahlzeiten in der Mensa oder in kleinen Restaurants in der Nähe der Universität einnehmen. So muss man nicht mehr als 5-10 RMB ausgeben. Auch ansonsten verbringen die chinesischen Studierenden die meiste Zeit auf dem Campus, die Lebenshaltungskosten sind insgesamt sehr niedrig.
Grundsätzlich sind Leben und Essen in China ganz anders als in Deutschland. So wird man in den kleineren Supermärkten nicht dasselbe finden wie in Deutschland. Es gibt allerdings überall große internationale Läden wie Walmart und Carrefour, die auch Käse, Brot, Deo und ähnliches führen. Gerade Drogerieprodukte sind in China teurer als in Deutschland. Vor allem mit Deo sollte man sich in Deutschland eindecken. Für alles andere, vor allem Kleidung, ist China ein Shoppingparadies und um einiges günstiger als Deutschland. Natürlich ist die Qualität nicht immer besonders gut und man muss auch bedenken, dass Chinesen im Normalfall um einiges kleiner und dünner sind als die Deutschen. Vor allem bei großen Schuhgrößen kann man Schwierigkeiten haben.
  1. Reisen in China
Was ich für das Leben in China gesagt habe, gilt gleichermaßen für das Reisen: von sehr günstig bis Luxus ist alles möglich.
Ich selbst habe meist die günstigste Variante gewählt. Die Züge und Busse in China sind besonders auch über Nacht zu empfehlen. Sie sind günstig, komfortabel und immer überpünktlich. Allerdings können die Sitze und Betten für größere Menschen (über 1,70m) manchmal zu knapp oder kurz sein. Auch das Kaufen von Zugfahrkarten ist in China etwas komplizierter: Man kann die Tickets je nach Zugtyp nur eine bestimmte Anzahl von Tagen vor dem geplanten Reisedatum kaufen und eigentlich nur in der Stadt, von der man losreisen möchte. Außerdem sind die Tickets zur Hauptsaison zu den Semesterferien besonders rund um das Frühlingsfest (ein Monat davor und danach!) oft ausverkauft. Ich habe das System immer noch nicht ganz verstanden und bin schon öfter daran verzweifelt. Wenn man nicht flüssig chinesisch spricht auf jeden Fall von Freunden helfen lassen! So sind auch Inlandsflüge manchmal eine praktische und auch nicht zu teure Alternative, da es oft Rabatte gibt. Die Flugtickets kann man z.B. im Internet bei www.elong.net kaufen und dann entweder mit Kreditkarte bezahlen oder sich ohne Aufpreis nach Hause liefern lassen und bar zahlen.
An Übernachtungsmöglichkeiten gibt es eine riesige Spannweite. Am unteren Ende stehen Betten in Dormitories der in den Großstädten allgegenwärtigen Hostels (buchen auf www.hostelworld.com, gute Tipps auch im Lonelyplanet oder die ausliegenden Flyer in den Hostels anschauen). Hier kann man schon für 20-50 RMB je nach Stadt die Nacht verbringen. Das Personal spricht eigentlich immer Englisch. Außerdem gibt es gerade in kleineren Städten Unterkünfte in Privathaushalten, die ein paar Zimmer vermieten. Ausländer dürfen hier zwar offiziell nicht wohnen, meist spricht aber niemand davon. Ein Doppelzimmer kostet ab 40 RMB die Nacht, allerdings ist alles, v.a. die Badezimmer, sehr einfach und nicht immer ganz sauber. Man sollte sich schon ein wenig an China gewöhnt haben, bevor man sich hier einquartiert.
Wenn man so reist und für die Sehenswürdigkeiten auch einen chinesischen Studentenausweis dabei hat, durch den man Tickets zum halben Preis bekommt, kann man für rund 800-1000 RMB pro Woche schon wunderbar durch China reisen.
  1. Bewertung des Aufenthaltes
Insgesamt bewerte ich meinen Aufenthalt in China als nahezu perfekt und habe mich sogar dazu entschlossen, ihn noch um ein halbes Jahr zu verlängern. Massiv dazu beigetragen hat sicherlich die Wahl, an der China Universität für Politik und Rechtswissenschaft zu studieren. Ich würde jedem empfehlen, sich für eine kleinere Universität mit wenigen Ausländern zu entscheiden. Auch wenn es sicherlich gerade anfangs im Ablauf zu einigen Schwierigkeiten kommen kann, hat sich meine Entscheidung hinterher hinsichtlich der Studienmöglichkeiten sowie der Kontaktmöglichkeiten mit chinesischen Studierenden und der chinesischen Kultur mehr als ausgezahlt. Im Besonderen hat mich die China Universität für Politik und Rechtswissenschaft sehr gut betreut, mir bei Fragen und Problemen immer geholfen und mir ein wirklich wunderbares Studienumfeld bieten können.
  1. Rückreise
Wenn man seine Hin- und Rückreise von Deutschland nach China selbst organisiert ist es sicherlich das günstigste, Hin- und Rückflug zusammen zu buchen und hinterher den Rückflug eventuell nochmal umzubuchen. Das ist einfach wesentlich billiger als getrennt zu buchen, da ein einfacher Flug fast genauso teuer ist wie ein Roundtrip. Allerdings kann man natürlich die Rückreise noch dazu nutzen einen kurzen Abstecher in eines der vielen Länder zwischen China und Deutschland zu machen.