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Claudia Verena Kawohl, Der Europäische Datenschutz­verbund – Strukturen, Legitimation, Rechts­schutz

Das neue europäische Datenschutz­recht steht im Blickpunkt der rechts­wissenschaft­lichen Forschung. Die verwaltungs­organisations­rechtlichen Regelungen der EU-Datenschutz­grundverordnung wurden bisher jedoch nur wenig beleuchtet. Gerade hier liegen aber, wie Claudia Verena Kawohl in ihrer Dissertation zeigt, der eigentliche Innovations­gehalt der Verordnung und die Ursache der in der Praxis so stark gewachsenen Bedeutung des Datenschutzes. Die neue Verwaltungs­struktur wird von Frau Kawohl auf den Begriff eines „Datenschutz­verbunds“ gebracht: ein komplexes interadministratives Kooperations­gefüge mit unterschiedlichen Formen grenzüberschreitender behördlicher Zusammenarbeit bis hin zur Möglichkeit grenzüberschreitender Hoheitsakte. Die Dissertation nutzt die Erträge des allgemeinen verwaltungs­rechtlichen Diskurses über die europäische Verbundverwaltung, um die Akteure und Verfahren des neuen Rechts einer detaillierten Analyse zu unterziehen und dabei zahlreiche rechts­dogmatische Fragen aufzuwerfen und zu beantworten. Eine hervorgehobene Stellung im Verbund wird dem Europäischen Datenschutz­ausschuss bescheinigt, der unter bestimmten Voraussetzungen über die Kompetenz verfügt, die mitgliedstaatlichen Behörden zu einem bestimmten Tätigwerden gegenüber den Verantwortlichen zu verpflichten. Auf dieser Grundlage wendet sich die Autorin aus einer unionsverfassungs­rechtlichen Perspektive „verbundstypischen Gefährdungen“ für rechts­staatliche Sicherungen und der demokratischen Legitimation zu und nimmt dabei vor allem das Konzept der Unabhängigkeit der Datenschutz­aufsicht unter die Lupe. Einige der von Frau Kawohl aufgezeigten Legitimations- und Rechts­schutz­probleme kann die Dissertation im Wege einer entsprechend sensibilisierten Auslegung selbst auflösen, andere Defizite, wie beispielsweise die nicht von der primärrechtlichen Kompetenzgrundlage gedeckte Errichtung des Europäischen Datenschutz­ausschusses, muss sie den Mitgliedstaaten oder dem europäischen Gesetzgeber zur Bewältigung überlassen. Insgesamt leistet die Untersuchung nicht nur einen Beitrag zu einer kohärenten und primärrechts­konformen Weiter­entwicklung der verwaltungs­organisations­rechtlichen Regelungen des Datenschutz­rechts, sondern auch des europäischen Verwaltungs­rechts insgesamt. Die Dissertation wurde im Frühjahr 2021 der Rechts­wissenschaft­lichen Fakultät der Universität des Saarlandes vorgelegt.

Termin der Disputation: 18. Juni 2021

Zweitgutachterin: Prof. Dr. Annette Guckelberger

Veröffentlichung der Dissertation: Duncker & Humblot, Berlin 2022, 483 Seiten